Nicht nur auf niedrige Zinsen schauen

Hypothekendarlehen sind derzeit äußerst günstig zu bekommen. Doch niedrige Zinsen allein sollten niemals ein Grund sein, eine Immobilie zu erwerben, warnt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale. Zunächst sei ausreichendes Eigenkapital erforderlich. "Je mehr Eigenkapital, desto sicherer ist die Finanzierung", so Nauhauser. Der Verbraucherschützer empfiehlt einen Eigenkapitalanteil von mindestens 20 Prozent. Außerdem brauche man eine gewisse berufliche Sicherheit. "Wer das nicht hat, soll lieber die Finger von einem Immobilienerwerb lassen." Denn ein Verkauf der Immobilie nach wenigen Jahren sei oft mit hohen Verlusten verbunden. Wer sich darüber hinaus finanziell übernehme, dem drohe schlimmstenfalls sogar die Zwangsversteigerung.

Die Bausparkassen und Banken zeichnen derzeit ein differenziertes Bild bei der Nachfrage nach Immobilienkrediten. Während einzelne Kreditinstitute von einer verstärkten Nachfrage noch nichts spüren, haben andere wiederum deutlich mehr Immobilien finanziert als noch im Vorjahr. "Aktuell ist der Kauf einer Immobilie attraktiv, denn die wichtigen Rahmenbedingungen wie Hypothekenzinsen und Preisniveau sind günstig wie selten", meint Holger Appel von der Deutschen Bank. Das sieht auch die BW-Bank so, wo in den Beratungsgesprächen auf das aktuell günstige Zinsniveau hingewiesen wird, zumal kurzfristig nicht mit weiter fallenden Zinsen gerechnet wird. Bei der Sparda-Bank müssen die Kunden derzeit sogar Bearbeitungszeiten in Kauf nehmen. "Offensichtlich sind interessierte Bauwillige am Markt vorhanden, die sich die aktuell noch günstigen Kreditzinsen sichern möchten", wird dort vermutet. Auch Heinrich Hartmann von der Südwestbank AG rechnet tendenziell mittelfristig mit steigenden Zinsen, wenngleich er derzeit aber auch noch weiter sinkende Zinsen nicht ganz ausschließen will.

Persönliche Situation immer im Vordergrund

Er meint aber, dass bei einem Immobilienerwerb die Zinssituation nicht zu sehr im Vordergrund stehen sollte. "Entscheidend ist die Situation des Kunden mit seinen Wünschen und Zielen", formuliert der Banker das Beratungsziel. Bei der Deutschen Bank ist man ebenfalls skeptisch, ob die Zinsen weiterhin so günstig bleiben. Ihre Experten gehen bei Darlehen mit längerer Zinsbindung perspektivisch eher von steigenden Zinsen aus und empfehlen deshalb, Kaufentscheidungen nicht auf die lange Bank zu schieben. Wer sich mit dem Gedanken an den Bau eines neuen Hauses trägt, sollte sein Vorhaben sorgfältig planen, empfiehlt die Bausparkasse Wüstenrot. "Besonders wichtig ist, dass die laufenden Zinsen und Tilgungen der aufgenommenen Darlehen auch auf Dauer tragbar sind", meint Wüstenrot-Sprecher Dr. Immo Dehnert. Wenn diese Voraussetzungen aber erfüllt seien, sollte man jetzt die niedrigen Zinsen nutzen und in den nächsten Monaten reagieren. Zum Zugreifen rät auch die BHW Bausparkasse, "wenn der Kunde über ausreichendes Eigenkapital verfügt". Gerade Familien mit Kindern können zusätzliche Fördermittel nutzen, so dass die monatlichen Belastungen oft unter der bisher bezahlten Miete blieben.

Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorge propagieren die meisten Banken wie auch Bausparkassen die eigene Immobilie. Marco Hertner von der Hypo Vereinsbank Baden-Württemberg beobachtet derzeit eine starke Nachfrage nach Immobilienfinanzierungen von Kunden, die langfristige Anlageformen suchen. Aber auch er rät wie seine Kollegen, sich umfassend von Finanzierungsexperten beraten zu lassen. Denn bei der Immobilienfinanzierung gehe es um eine bedeutende und langfristige finanzielle Verpflichtung. Hertner empfiehlt dabei eine lange Zinsbindung von 15 und mehr Jahren, wobei man sich allerdings die Möglichkeit für Sondertilgungen einräumen lassen sollte. Obwohl für die Bausparkassen das zurückliegende Jahr ausgesprochen erfolgreich war - so wuchs das Bausparneugeschäft aller Bausparkassen in Deutschland um 13,3 Prozent auf 111,4 Milliarden Euro -, wird dieser Erfolg weniger der aktuellen Zinsentwicklung als vielmehr der desolaten Situation auf den Finanzmärkten zugeschrieben. Viele Kunden hätten angesichts der Finanzkrise den starken Wunsch nach sicheren und kalkulierbaren Anlage- und Finanzierungsprodukten, formuliert etwa die Bausparkasse Wüstenrot.

Sichere Anlagen haben derzeit einen großen Markt

Was die Wertentwicklung von Immobilien angeht, sind Banken wie Bausparkassen durchweg optimistisch. So soll die Zahl der privaten Haushalte mindestens bis 2020 steigen, und außerdem könnte der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum auch dann wachsen, wenn die Haushaltszahlen sinken, sagen die Experten bei Wüstenrot. Denn schließlich nehme die Nachfrage nach Wohnfläche pro Kopf weiter zu. Hinzu käme, dass Immobilienmärkte auch immer regionale Märkte seien und schon heute absehbar sei, dass zahlreiche urbane Regionen von Wanderungsgewinnen profitieren werden, "wenn sie ein ausgeglichenes Arbeitsplatzangebot aufweisen können", schränkt die BW-Bank ein.

In ländlichen Gebieten erlebe man bereits heute einen Nachfragerückgang und somit auch Preisabschläge, wenn Infrastruktur und Verkehrsanbindungen unterdurchschnittlich ausgeprägt seien. Unter Investitionsgesichtspunkten hänge der Erfolg eines Immobilienerwerbs natürlich stark vom gewählten Standort ab. Auf den deutschen Wohnungsmärkten stagnierten die Preise in den letzten Jahren, und nur in ausgesuchten Lagen kam es zu leichten Wertsteigerungen, so Holger Appel. Aber: "Wo sich keine Preisblase gebildet hat, kann folglich auch keine platzen." Zwar treffe die Rezession auch die deutschen Wohnungsmärkte. Mit flächendeckenden Preisrückgängen sei jedoch nicht zu rechnen, so die Experten der Deutschen Bank. Sie vermuten, dass die Hauspreise zunächst weiter stagnieren und vielleicht sogar leicht steigen könnten, da sich das Angebot aufgrund der Neubaugenehmigungen eher verknappen werde. Für die BHW Bausparkasse steht es außer Frage, dass durch die Demografie die Immobilienpreise unter Druck geraten könnten. Zwar werde die Zahl junger Familien, die ein Haus bauen wollen, in den nächsten Jahren weiter abnehmen. Gleichzeitig werde aber die Zahl der Haushalte zunehmen.

Baufinanzierung gehört auf ein solides Fundament

Dabei werde nicht nur die Lage für die Wertentwicklung einer Immobilie immer wichtiger: "Stimmt der Standort und wächst beziehungsweise schrumpft das Haus oder die Wohnung mit den Wünschen der Bewohner, wird auch der Wert der Immobilie stabil bleiben oder sogar steigen", prophezeit Rüdiger Grimmert von der BHW Bausparkasse. Für Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg bleibt eine gute Beratung das A und O einer Immobilienfinanzierung. Hierbei sollte die ganze Baufinanzierung auf ein solides Fundament gestellt werden: Einkommen, persönliche Lebensplanung, Kinder, Erziehungszeiten und die berufliche Perspektive. Zudem mache es oft Sinn, vorhandene Sparvorhaben und Rentenversicherungen einzustellen, weil der Darlehenszins höher sei als der Anlagezins. Menschen mit geringem Einkommen sollten nur dann bauen, wenn sie über ein hohes Eigenkapital verfügen. Eine gute Beratung könne dann unter Umständen sogar bedeuten, dass man jemandem sagt: "Lassen Sie es!"

ANNUITÄTEN-DARLEHEN

Wenn es um handfestes Wissen rund ums Thema Baufinanzierung geht, sind viele Bürger unwissend, hat jetzt eine Studie unter rund 2000 Personen ergeben. Befragt zu den verschiedenen Möglichkeiten eines Darlehens, gab nur knapp jeder Fünfte an, von den verschiedenen Kreditformen schon mal gehört zu haben. "Weniger als ein Drittel der Befragten konnte zum Beispiel etwas mit dem Begriff "Annuitätsdarlehen" anfangen,", heißt es bei biallo.de.

Ein Annuitätendarlehen ist ein Darlehen mit konstanten Rückzahlungsbeträgen (Raten). Im Gegensatz zum Tilgungsdarlehen bleibt die Höhe der zu zahlenden Rate über die gesamte Laufzeit gleich (sofern eine Zinsbindungsfrist über die gesamte Laufzeit vereinbart wurde). Die Annuitätenrate oder kurz Annuität setzt sich aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen. Da mit jeder Rate ein Teil der Restschuld getilgt wird, verringert sich der Zinsanteil zugunsten des Tilgungsanteils. Am Ende der Laufzeit ist die Kreditschuld vollständig getilgt. Der Zinssatz wird bei Abschluss eines Annuitätendarlehens über einen vertraglich vereinbarten Zeitraum festgeschrieben. Dieser Zeitraum kann sich auch über die komplette Kreditlaufzeit erstrecken. Die Tilgung sollte im ersten Jahr mindestens ein Prozent der Kredit(rest)summe betragen. Sie steigt dann mit fortschreitender Ratenzahl bis auf theoretisch 100 Prozent der Kreditrestsumme im letzten Jahr.

Bei einem Forward-Darlehen handelt es sich um ein klassisches Annuitätendarlehen, das mit Sondervereinbarungen abgeschlossen wird. Ein Forward-Darlehen ist ein Darlehen, das dem Darlehensnehmer erst nach einer bestimmten Vorlaufzeit - bis zu sechzig Monate nach Vertragsschluss - ausgezahlt wird. Ein Forward-Darlehen wird vom Darlehensnehmer für eine Immobilienfinanzierung genutzt, wenn er sich bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages einen günstigen Zinssatz für die Zukunft sichern will. Die häufigste Anwendung finden Forward-Darlehen bei Anschlussfinanzierungen. Die Zinssicherheit des Forward-Darlehens "erkauft" sich der Darlehensnehmer mit einem Zinsaufschlag.

www.wikipedia.de, www.biallo.de