Inflationsangst treibt Sparer in Immobilien

Die Europäische Zentralbank wird wohl ähnlich drastische Maßnahmen ankündigen, wie sie die US-Notenbank bereits praktiziert. Das Ziel: Versorgung der Marktteilnehmer mit günstigem Geld. Anleger sind alarmiert. Weil solche Eingriffe in der Vergangenheit stets zu Inflation führten, suchen sie Schutz in Sachwerten.

Sparer in Deutschland blicken mit Schaudern der Sitzung der Europäischen Zentralbank EZB am Donnerstag entgegen. Ihre Sorge: Die Währungshüter könnten zu ähnlich drastisch Maßnahmen greifen wie zuletzt ihre amerikanischen Kollegen. Die US-Notenbank Fed hatte zur Finanzierung der amerikanischen Staatsschulden die Notenpresse angeworfen. Weil ähnliche Eingriffe in der Vergangenheit stets zu Inflation mit zweistelliger Geldentwertung führten, suchen die Anleger nun verzweifelt nach Schutz für ihr Kapital. Den sehen sie vor allem in Immobilien. „Wir erleben einen großen Andrang“, sagt eine Sprecherin des größten deutschen Finanzierungsvermittlers Interhyp. „Unsere Mitarbeiter müssen Überstunden machen, um die Anfragen zu bewältigen.“

Die Angst der deutschen Sparer ist nicht unberechtigt. Denn die EZB steht unter immensem Druck – und zwar gleich von zwei Seiten. Sie ist neben der norwegischen Notenbank die einzige bedeutende Zentralbank, die sich dem globalen Trend zum Krisenmanagement via Notenpresse bisher noch verwehrt hat. In einer vernetzten Welt hat das zur Folge, dass der Euro als Anti-Dollar weiter an Wert gewinnt. Schon seit dem Schritt der Fed hat die europäische Gemeinschaftswährung gegenüber ihrem amerikanischen Pendant um fünf Prozent zugelegt. „Der Euro könnte schon bald 13 Cent höher und damit bei 1,45 stehen. Eine solche Aufwertung ist das letzte, was die EZB in der aktuellen Situation gebrauchen kann“, sagt Hans-Günter Redeker, Währungsexperte bei BNP Paribas. Je höher der Euro gegenüber anderen Währungen notiert, umso schwerer hat es die Exportwirtschaft auf den Weltmärkten. Der Weg aus der Krise heraus ist für Unternehmen jener Länder am einfachsten, die eine schwache Währung haben. Aus diesem Grund kommt es in Phasen wirtschaftlicher Schwäche nicht selten zu Währungskriegen.

Noch stärkerer Druck auf die Währungshüter kommt von Seiten der Mitgliedsstaaten der Eurozone. Gerade die schwächeren Peripherie-Länder wie Portugal, Irland, Griechenland oder Spanien, die inzwischen schon unter dem Akronym PIGS firmieren, drängen die EZB zu beherzteren Maßnahmen, um ihre Wirtschaft zu entlasten. Schon jetzt leiden sie unter der zurückhaltenden Notenbankpolitik. So mussten Spanien, Griechenland und zuletzt Irland Abstufungen ihrer Bonität hinnehmen, was die Finanzierung ihrer Staatshaushalte extrem verteuert. Würde die EZB nun den von der Fed eingeschlagenen Weg wählen und Staatsanleihen ankaufen, wäre die Schuldenfinanzierung auf einen Schlag günstiger. „Diesem Druck wird die EZB nicht lange standhalten können“, mutmaßt Währungsexperte Redeker. „Früher oder später wird auch sie über die Zentralbanken der einzelnen Euro-Mitgliedsländer Staatsanleihen ankaufen.“ Dies gilt umso mehr, als derzeit die Teuerung den offiziellen Daten zufolge kein wirkliches Problem darstellt.

Im EZB-Rat, der für die Geldpolitik zuständig ist, war zuletzt ein Umdenken zu beobachten. Immer mehr der 22 Ratsmitglieder schwenken auf eine hyperlockere Geldpolitik nach US-Vorbild ein. Vizepräsident Lucas Papademos bereitete in der vergangenen einen Kurswechsel vor. Die stabilitätsorientierteren deutschen Vertreter Jürgen Stark und Axel Weber sind mit ihrer strikteren Haltung weitgehend isoliert.

Nach Ansicht der Experten erkaufen sich die Währungshüter mit der Amerikanisierung der europäischen Geldpolitik eine mögliche kurzfristige Stabilisierung mit einer langfristig höheren Inflation. Und genau das scheinen die deutschen Sparer bereits jetzt zu spüren, wenn sie den Immobilienmarkt sondieren. Die Logik dahinter: Sachwerte wie Häuser, Wohnungen, Grundstücke oder Ackerland bieten einen guten Schutz gegen Wertverlust. Das gilt zumindest für solche Objekte, die sich in aussichtsreichen Lagen befinden. Wer sich beim Immobilienkauf verschuldet, hat noch einen weiteren Vorteil. In Phasen der Inflation werden die Schulden entwertet. Ein Beispiel: Bei einer Hypothek mit einem Effektivzins von fünf Prozent geht die reale Belastung gen Null, sollte die Inflation auf fünf Prozent steigen.

Experten raten zu einer möglichst langfristigen Zinsbindung zwischen zehn und 15 Jahren. Für den gewählten Zeitraum besteht dann komplette Planungssicherheit. Die besten Konditionen gibt es bei einer Beleihungsgrenze von 60 Prozent. Aber auch komplett fremdfinanzierte Käufe sind derzeit trotz Krise möglich. Wer den Verlust des Arbeitsplatzes befürchtet, kann sein Darlehen dagegen absichern. Allerdings müssen hierfür hohe Aufschläge von fünf Prozentpunkten bezahlt werden. Bei einer monatlichen Rate von 1000 Euro beträgt die Versicherungsprämie 50 Euro.Währungsexperte Redeker erwartet zwar auch einen Anstieg der Inflation. Allerdings dürfte dieser nicht von Dauer sein. Er rät den Sparern lieber zu Rohstoffen.