Das Dorf Orient jetzt unter Denkmalschutz

 

Orient ist Mallorcas jüngstes Mitglied im Memorial-Club, denn seit Anfang Februar ist das rund 20 Einwohner zählende Bergdorf in der Gemeinde Bunyola nun ein Bien de interés cultural (BIC). Behütet wirkten die links und rechts der Hauptstraße den Hang hoch- und runterkriechenden Sträßchen mit den Steinhäusern allerdings schon vor der Auszeichnung. Doch nun steht Orients historischer Ortskern mit der Kirche Sant Jordi auch ganz offiziell unter Denkmalschutz.

Der Dorfplatz befindet sich auf 450 Meter Höhe oberhalb der Dorfstraße, dort gruppieren sich um einen kleinen Platz die alte Dorfschule, ein Landhotel, ein Wohnhaus sowie das Gotteshaus Sant Jordi aus dem 18. Jahrhundert. Im unteren Ortsteil findet man die baulichen Überreste eines Waschhauses, der überdachte Platz steht nun ebenfalls unter öffentlicher Obhut. „Das ist doch Unsinn", sagt Marc Colom, Spross einer alteingesessenen Familie aus Orient, die neben zehn Hektar Olivenbaumgärten auch das Landhotel Son Palou bewirtschaftet. „Orient war bereits vorher bestens geschützt." Denn bauen durfte nur, wer mindestens 50.000 Quadratmeter Baugrund vorweisen konnte – eine Seltenheit. „Mit der neuen Auszeichnung wird nur alles komplizierter und bürokratischer", sagt Colom. Wenn die Coloms zum Beispiel das Dach ihres 600 Jahre alten Landhotels erneuern möchten, müssen sie nun zunächst eine Anfrage stellen, mehrere Anträge ausfüllen und auf die Zustimmung der Denkmalschutzbehörde warten. „Für die Bewohner von Orient wäre es viel mehr eine Hilfe, wenn die Serra de Tramuntana als Weltkulturerbe ausgezeichnet würde", meint Colom. Dann würden Subventionen fließen, mit denen man die Landschaft pflegen und bewirtschaften könnte. Denn die Erde zwischen der Serra d´Alfàbia und dem Puig d´Alaró soll zu den fruchtbarsten der Insel gehören. „Wir können nur deshalb jedes Jahr 25.000 Euro in die Olivenernte stecken, weil wir das Hotel haben", sagt Colom. Viele Bauern könnten sich die kostspielige Bewirtschaftung ihrer Felder dagegen nicht mehr leisten, und immer mehr Ländereien würden verwahrlosen.
An einem Tag im Februar fällt das allerdings nicht weiter auf. Von der Hotelterrasse genießt man den Panoramablick ins Tal, über Wiesen, Olivenbäume, Pinien und malerische Landgüter. Nur Mandelbäume, die gibt´s hier oben nicht.

„Mit Hilfe des Denkmalschutzes kann man in Orient einiges erreichen", glaubt dagegen Nicolas Bennassar und stellt lomo con col und patatas bravas auf den Tisch. Der Mallorquiner, Besitzer des Restaurants Ca´n Juan und Vorsitzender der sociedad d´Orient freut sich, dass seine und die Bemühungen weiterer 20 Mitglieder des Vereins Orient nach eineinhalb Jahren Erfolg hatten. „Rund 20 Leute aus dem Dorf haben den Antrag auf Denkmalschutz gestellt", erklärt Bennassar. Mit dem BIC in der Tasche könne man die Gemeinde nun um kleine Gefallen bitten, zum Beispiel eine umgefallene Mauer im Dorf zu reparieren oder den nicht-öffentlichen Weg zum Wasserfall Torrent
de Coanegra legalisieren und offiziell für Besucher zugänglich zu machen.

Dass sich das Dorf wegen der neuen Auszeichnung grundlegend verändern wird, daran glaubt auch der in Orient geborene Bennassar nicht. „Orient bleibt Orient, ein verschlafenes Dorf, wo um sieben Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden." Und wenn´s draußen kalt ist, auch gerne eine gute Stunde früher.